30. Oktober 2023

Wohnungsmarkt Schweiz WGs Trend

Die Schweiz rückt näher zusammen: Warum immer mehr Menschen in WGs leben müssen

 

Das Idealbild einer modernen Einzimmerwohnung im Herzen einer schicken Schweizer Stadt wie Zürich oder Lausanne ist für viele ein unerreichbarer Traum geworden. Dabei ist dieser Traum in der Vergangenheit nicht nur greifbar, sondern fast selbstverständlich gewesen. Der Wohnungsmarkt in der Schweiz erfährt aktuell jedoch einen spürbaren Wandel, der weitreichende gesellschaftliche Konsequenzen mit sich bringt. Vor allem junge Menschen und Singles leiden unter den steigenden Mieten und der sinkenden Verfügbarkeit von Wohnraum. Der Trend geht zunehmend in Richtung Mehrpersonenhaushalte und Wohngemeinschaften. Das Bild der schweizerischen Individualität und des persönlichen Freiraums wird durch die Realität der Wohnungsknappheit und hohen Lebenshaltungskosten herausgefordert. Doch was genau hat zu dieser Situation geführt? Und wie sind die aktuellen Zahlen einzuschätzen? In diesem Blogbeitrag möchten wir diesen Fragen auf den Grund gehen.

 

Wohnungsknappheit als treibende Kraft

Die Schweiz erlebt eine anhaltende Wohnungsknappheit, die von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Dazu gehören ein starkes Bevölkerungswachstum, steigende Lebenshaltungskosten und ein Mangel an bezahlbarem Wohnraum in den Städten. Die Folge ist ein erheblicher Anstieg der Mieten, der vor allem junge Menschen und Geringverdiener trifft. Diese Entwicklungen werden zusätzlich durch wirtschaftliche Unsicherheiten, steigende Krankenkassenprämien und erhöhte Kosten für Strom und Heizung befeuert. Die Menschen sind dadurch weniger flexibel und müssen sich nach alternativen Wohnformen umsehen. Die logische Konsequenz: Immer mehr Menschen leben in Wohngemeinschaften oder bei den Eltern, weil die Kosten für eine eigene Wohnung schlichtweg untragbar werden. Dies ist keine Modeerscheinung, sondern eine ernsthafte Verschiebung des Nachfrageverhaltens auf dem schweizerischen Wohnungsmarkt.

 

Wohnungsmarkt

Was die Zahlen sagen

Nach den neuesten Daten des Bundesamts für Statistik haben sich im Jahr 2022 insgesamt 29’000 neue Grosshaushalte gebildet. Das sind 7466 mehr als im Vorjahr. Dieser Anstieg ist erstaunlich und zeigt deutlich, dass das Zusammenleben in grösseren Haushalten keine Ausnahme mehr ist, sondern zum schweizerischen Alltag wird. Interessanterweise zeigt die Wachstumskurve der Kleinhaushalte seit 2021 eine steile Abwärtstendenz. Diese Zahlen sind nicht nur einfach Statistiken, sondern sie erzählen die Geschichten von echten Menschen, die ihre Lebenspläne anpassen müssen. Junge Erwachsene, die eigentlich vorhatten, in die Unabhängigkeit zu starten, bleiben nun länger im Elternhaus oder gründen Wohngemeinschaften, um die hohen Lebenshaltungskosten zu bewältigen.

Expertenmeinung

Robert Weinert, Leiter Research bei Wüest Partner, bringt es auf den Punkt: „Alles deutet darauf hin, dass die Schweizer Bevölkerung vermehrt gezwungen ist, statt allein mit anderen Menschen gemeinsam unter einem Dach zu wohnen.“ Doch was bedeutet diese Entwicklung für die Immobilienbranche und die Politik? Die steigende Nachfrage nach Mehrpersonenhaushalten könnte neue Geschäftsmodelle für Immobilienentwickler eröffnen. Vielleicht ist es an der Zeit, mehr in Co-Living-Spaces und ähnliche Konzepte zu investieren. Aber auch die Politik ist gefordert, hier regulierend einzugreifen und das Angebot an bezahlbarem Wohnraum zu erhöhen. Die Auswirkungen dieser Entwicklung sind besonders in urbanen Gebieten wie Zürich, Lausanne, Winterthur, Luzern und Zug zu spüren, wo der Wohnungsmarkt ohnehin angespannt ist.

Ausblick und Schlussfolgerung

Die Schweiz steht vor einer Wohnraumkrise, die nicht nur temporärer Natur ist. Die steigenden Kosten für Miete, Lebensmittel und allgemeine Lebenshaltung verändern die Art und Weise, wie wir leben und wohnen, grundlegend. Es ist daher dringend erforderlich, dass sowohl die Immobilienbranche als auch die Politik aktiv werden. Vielleicht wird Co-Living das neue Normal, und vielleicht müssen Städte ihre Raumplanung und ihre Baupolitik anpassen, um diesen veränderten Bedingungen gerecht zu werden. Doch eines ist sicher: Ein Umdenken ist notwendig. Das Ideal der eigenen Wohnung als Symbol für Unabhängigkeit und persönlichen Freiraum wird durch die Realität der hohen Kosten und der Wohnungsknappheit zunehmend in Frage gestellt.